Ihre Stimme klang, wie eine Glocke, ihre Persönlichkeit hat nicht nur viele Frauen inspiriert. Wenn Joan Baez zu singen begann, wurden die Menschen weich, die Herzen öffneten sich. Die klaren und berührenden Klänge, mit denen sie ihre Forderungen in die Welt hinaustrug, hatten eine ganz besondere Farbe und Wirkung – wie ein zarter Schmetterling, der im Kampf gegen Krieg und Apartheid eine unglaubliche Kraft entwickelte.

Nur wenige Menschen wussten, wie gequält sie in ihrem Inneren war. Panikattacken, Gefühle, die sie selbst nicht verstand, körperliche und seelische Zusammenbrüche, durch die sie sich hindurch manövrierte.

Erst in ihrem letzten Lebensdrittel wurde ihr durch einen therapeutischen Hypnosezustand bewusst, dass alles, was sie fühlte, eine Ursache hatte.

Joan Baez erlebte die typischen Anzeichen für abgespaltene Traumata, die ich in meiner Arbeit mit Klientinnen immer wieder erlebe, aber auch selbst kenne. Die Traumatisierungen, meist schon früh in der Kindheit erlebt, können nicht auf heilsame Art verarbeitet werden. Zu schwer wiegt die psychische Belastung auf der Kinderseele – noch dazu, wenn sie von einer Person des Vertrauens ausgeübt wird. So zeigen sich diese seelischen Verletzungen durch Emotionen, die ein Eigenleben zu führen scheinen und sehr belastend für die Person sind, die sich diesen ausgeliefert fühlt. Erst spät wird den meisten Frauen bewusst, dass diese Emotionen ein Alarmsignal sind, dass sie etwas aufzeigen wollen, dass sie auf etwas hinweisen – auf etwas Erlebtes, das noch nicht verarbeitet wurde.

Joan Baez wurde bewusst, dass ihr Vater, der nach außen und intern das Bild eines fürsorglichen und modernen Familienvaters gab, die Ursache für ihre abgespaltenen Traumata war.

Ein Film – absolut sehenswert, nicht nur, weil viel der damaligen Zeitgeschichte auch heute noch gesellschaftlich Thema ist, sondern vor allem, weil auch Joan Baez mit ihrer Offenheit sichtbar macht, was viele Frauen in sich tragen und nicht verstehen können.

(P.S.: Für mich sind Frauen alle Menschen, die sich wie eine Frau fühlen oder als Frau definieren – egal, welche körperlichen Aspekte sie dabei haben.)